1945 – Et erschte halve Joahr

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Von Geschichte on Politik ut dat Joahr 1945 kann ich üch net vüel vertälle, weil ich als Schuelblag on gruete Schwester von fief Geschwister doa gar ken Tied für hodd. Tösche Entwarnung on nächste Fliegeralarm, stellde ich mich afweasselnd möt Mama an die Geschäfte an, woa et jet op die Lebensmittelkarte joaf. Die Schuel feel ut, et woar ärg kalt en desse Wenkter, on wer suemerte en et Brook Tellinge on klene Stämmkes als Brennholt.

An der 24. Februar schooten os Jabos der Kamin von et Daak, als wer en der Luftschutzkeller soate. Wer hant gement, dat Huus fällt os op der Kopp. E paar Daag later, als wer wier en der Keller soate, woar et dann so wiet. Deä janze hengere Deel von ose Block woar en e paar Bombentrichter afgesackt on alles woar voll Qualm on Stoaf.

Die Kaninches von ose Nobber hant wer nie wier gefonge, äver alle Nobbere reits on lenks woare noch ant Leäve. Op die angere Stroatesie soach et schlemmer ut. Doa goaf et och einige Due.

Dann hant wer os jet Bettzeug on Ungerwäsch on noch jet te äete op ne alde Kengerwarel gepack on send noa Tante Anna noa die Siedlung an de Niersch getrocke. Tante Anna woß jarnet wose os hindöue soll, weil Tante Maria ut et Nopp möt fief Kenger och al doa woar.

Mama fuhr dann öfter möt e ald Fahrrad noa Viersche för Lebensmittel, on koam eemol en ene Jagdbomber-beschuß. Wer soare se von der angere Nierschsie op der Krefelder Stroat en ene Graaf fahre, on hant et Schlemmste angenoame. Später koam Mama möt Bruet noa Huus. Man soach koom, dat et en deä dreckige Graaf geleäge hot, on woar em Nu opgegäete.

On dann ging ene Fliejer op e Huus neäve de Chaussee eronger, ene Treffer von de Heimatflak.
Die Niersch hot wahl vüel Treibstoff opgefange, on brennet möt huushuere Flamme. On en deä erschte Boom hat sich deä Pilot möt sine Fallschirm verfange on waor janz kleen tesamme geschrumpelt on verbrannt.

Bald hant weer op de Donk en Wohnung, die leer stong, betrocke on alles ging mier oder weniger sine geregelte Jang möt Lebensmittelkarte, Kohlenklau und Hamstertoure, möt Amis als Besatzung on Ausgehbeschränkung.

Äver doavon hant angere mittlerweile genog geschrieve.

(hj)


Heute ist „Star Wars“ selbstverständlich. Bild von Sibillas Enkel Torsten.


1945 – Das erste halbe Jahr

von der Geschichte und Politik des Jahres 1945 kann ich euch nicht viel erzöhlen, weil ich als Schulkind und große Schwester von fünf Geschwistern da gar keine Zeit für hatte. Zwischen Entwarnung und nächstem Fliegeralarm stellte ich mich anwechselnd mit Mama bei den Geschäften an, wo es etwas auf die Lebensmittelkarten gab. Die Schule fiel aus, es war sehr kalt in diesem Winter, und wir sammelten im Bruch Zweige und kleine Stämme für Brennholz.

Am 24.02. schossen uns Jukas den Kamin vom Dach, als wir im Luftschutzbunker saßen. Wir dachten, das Haus fällt uns auf den Kopf. Ein paar Tage später, als wir wieder im Keller saßen, war es dann soweit. Der ganze hintere Teil unseres Blockes war in ein paar Bombentrichter abgesackt, und alles war voll Qualm und Staub.

Die Kaninchen unserer Nachbarn haben wir nicht wieder gefunden, aber alle Nachbarn rechts und links von uns lebten noch. Auf der anderen Straßenseite sah es schlimmer aus. Dort gab e auch einige Tote.

Dann haben wir etwas Bettzug und Unterwäsche und etwas zu essen auf den alten Kinderwagen gepackt und sind zu Tante Anna zur Siedlung an der Niers gezogen. Tante Anna wußte garnicht, wo sie uns hintun sollte, weil Tante Maria aus dem Nopp schon mit fünf Kindern da war.

Mama fuhr da öfters für Lebensmittel mit einem alten Fahrrad nach Viersen und kam einmal in einen Jagdbomberbeschuß. Wir sahen sie von der anderen Niersseite auf der Krefelder Straße in einen Graben fahren und haben schon das Schlimmste befürchtet. Später kam Mama mit Brot nach Hause. Man sah kaum, das es im schmutzigen Graben gelegen hat und war im Nu aufgegessen.

Und dann ging ein Flieger auf ein Haus neben der Straße runter. Ein Treffer der Heimatflak. Wohl hat die Niers viel Treibstoff abgefangen, und es brannte mit haushohen Flammen. Und im ersten Baum hatte sich der Pilot mit seinem Fallschirm vergangen und war ganz klein zusammen geschrumpelt und verbrannt.

Bald haben wir wieder auf der Donk eine Wohnung, die leer stand, bezogen, und alles ging mehr oder weniger seinen geregelten Gang, mit Lebensmittelkarten,Kohlenklau und Hamstertouren, mit Amis als Besatzung und Ausgehbeschränkung.

Aber darüber haben andere mittlerweile genug geschrieben.

(m)